Die Funktionen der HPI Schul-Cloud lassen sich grob in drei Bereichen verorten:

  • Kommunikation, Kollaboration und Organisation
  • Finden, Erstellen, Teilen und Bewerten von Inhalten
  • Unterstützen von Lernen und Lehren

Für alle drei Bereiche existieren natürlich bereits heute Dienste, die auch im schulischen Kontext eingesetzt werden. Im Bereich Kommunikation, Kollaboration und Organisation sind dies die Office und Groupware-Suiten der großen IT-Konzerne – auch wenn deren Einsatz angesichts der ungeklärten bzw. kritischen datenschutzrechtlichen Lage eher fraglicher Qualität ist.

Verschiedenste Inhalte-Repositorien für das Finden, Erstellen, Teilen und Bewerten von Lernmaterialien finden in den Bundesländern ihren Einsatz. Sie kranken daran, dass jeweils nur ein kleiner Ausschnitt des im Übermaß existierenden Materials enthalten ist. Das vorhandene Material ist meist nur schlecht verschlagwortet und daher schlecht durchsuchbar. Mithin existiert keine Plattform.

Der Bereich Lernen und Lehren ist zu guter Letzt die Domäne der klassischen Lernmanagementsysteme. Oft beinhalten diese auch Funktionen der ersten beiden Bereiche, ihr Kern liegt aber darin schulische Strukturen (Klassen, Kurse, Arbeitsgruppen, Unterrichtseinheiten, etc) abzubilden.

An drei verschiedenen Begriffen wird deutlich, welchen Mehrwert die HPI Schul-Cloud gegenüber solch klassischen Lösungen bieten kann: dem Portal, der Plattform und der Cloud selbst. Ein Portal ist eine Anlaufstelle, welche Zugriff auf verschiedene Angebote bietet. Meist ist dort lediglich eine einheitliche Loginfunktionalität gewährleistet, eine weitergehende Integration der Angebote ist nicht gegeben. Eine Plattform bietet dagegen eine größere Auswahl an Interaktivität und Zugriff auf Inhalte, setzt aber hohe Anforderungen an die Kompatibilität der Inhalte mit der Plattform voraus. Es müssen also spezifische Dienste und Inhalte für die Plattform entwickelt werden. So lange ich in der geschlossenen Welt der Plattform bleibe, ist alles gut. In einer vernetzten, heterogenen Welt ist dieser Ansatz jedoch nicht praxisgerecht.

Die HPI-Schul-Cloud führt Dienste und Inhalte verschiedenster Anbieter zusammen und vernetzt sie an ihren Berührungspunkten mit vom System selbst bereitgestellten Funktionen in den anfangs genannten Bereichen Kommunikation / Kollaboration /Organisation, Inhalte sowie Lernen und Lehren. So kann in den verschiedensten Situationen auf vorhandene Datensätze zugegriffen und Kontexte daraus generiert werden.

Jede Lehrkraft, die schon mal in ihrem Unterricht mit SchülerInnen Accounts für ein Lerntool erstellen musste, weiß um die benötigte Zeit und das Risiko für den weiteren geplanten Stundenablauf. Dies erschwert den Einstieg unnötig und führt oft genug dazu, dass Tools mit wenigen Einsatzszenarien erst gar nicht verwendet werden. Und garantiert jede Lehrkraft, die den Aufwand nicht gescheut hat und das selbe Tool zwei Wochen später wieder in der Klasse nutzen wollte, hat den Satz „ich habe mein Passwort vergessen“ mehr als nur einmal gehört. Hier füllt die HPI Schul-Cloud die Lücke und fungiert quasi als SSO-Provider für Tools und interaktive Lernmaterialien von Drittanbietern.

Systemarchitektur der HPI Schul-Cloud

Doch damit nicht genug: Die HPI Schul-Cloud kann Tools, die sonst nur parallel existieren, vernetzen und so Kontexte erzeugen und abbilden. Wäre es nicht smart, wenn Lernmaterialien automatisch mit Metadaten angereichert würden, in welchen Jahrgangsstufen sie besonders häufig eingesetzt würden? Oder man bei der Schuljahresplanung bequem Inhalte der vorangegangenen Klassen im gleichen Fach vorgeschlagen bekäme? Oder wenn zu einem neuen Kurs bereits automatisch ein Chat angelegt wäre? Hier steckt viel Potential in der HPI Schul-Cloud, mit digitalen Werkzeugen nicht nur analoge Vorgänge zu ersetzten, sondern die ganzen Vorteile digital gestützten Lernens in der Praxis zur Entfaltung zu bringen – natürlich datenschutzkonform und sparsam im Umgang mit personenbezogenen und personenbeziehbaren Daten.

Dafür, dass das alles miteinander funktionieren kann, bildet die Cloud-Infrastruktur das Fundament:

  • Die in bestehenden Schulverwaltungssystemen gepflegten Lehrkräfte- und
    Schülerdaten können auf vielen Wegen (LDAP, CSV, SSO) in die Userverwaltung
    der HPI Schul-Cloud importiert/synchronisiert werden.
  • Klassen- und Kursstrukturen können ebenfalls importiert/synchronisiert oder
    direkt in der HPI Schul-Cloud konfiguriert werden.
  • Tools und Lerninhalte von Drittanbietern können in einer modularen, serviceorientierten
    Architektur über APIs mit der HPI Schul-Cloud verbunden
    werden, ohne dass ein erneuter Login notwendig ist.
  • Standards wie LTI sorgen für eine reibungslose Übergabe von Daten
    (Interoperabilität), z.B. von Klassenstrukturen oder Ergebnissen zur Auswertung
    durch die Lehrkraft direkt in der Cloud.
  • Zum Schutz der Nutzerdaten erfolgt die Verbindung zu Drittanbietertools
    grundsätzlich anonymisiert - oder pseudonymisiert, wenn eine Wiedererkennung
    der NutzerInnen erforderlich ist, z.B. um eine begonnene Aufgabe nach
    erneutem Login fortzusetzen.
  • Der Inhaltedienst speichert interaktive Lerninhalte und reichert sie nutzbringend
    für alle mit Informationen über deren Verwendung in der Praxis an.
  • Die HPI Schul-Cloud stellt einen Speicher für Dateien bereit, in den NutzerInnen
    ihre Arbeitsergebnisse hochladen können - direkt oder als Ergebnis der
    Nutzung eines Tools/Lerninhalts.

Jede*r kann und jede*r soll mitmachen, um mit seinen/ihren Diensten und Inhalten in die HPI Schul-Cloud eingebunden zu werden. Mitmachen – das gilt auch für die Codebasis der HPI Schul-Cloud, die Open Source und damit komplett öffentlich unter github.com/schul-cloud einsehbar ist. Ein ebenfalls öffentliches Ticketsystem lädt unter ticketsystem.schul-cloud.org zum Mitprogrammieren ein.

Dieser Text ist ein erster Auszug aus dem zweiten Technischen Bericht zur HPI Schul-Cloud, der im Februar veröffentlich werden wird. Dort findet sich dann auch eine tiefergehende technische Beschreibung der Software-Architektur.