Die Zusammenarbeit zwischen dem Hasso-Plattner-Institut und dem Lehrstuhl für Schulpädagogik der Universität Augsburg im Rahmen der wissenschaftlichen Begleitung der HPI Schul-Cloud kommt zum Abschluss. Nach erfolgreicher Kooperation zur Entwicklung des MOOCs „Lernen 4.0 - Möglichkeiten und Grenzen einer Digitalisierung im Bildungsbereich“ und „Lernen 4.0 in der Praxis – Best Practice im Kontext der Digitalisierung“ wollen wir ein Resümee ziehen.

Warum ein reflexiver Blick auf eine Digitalisierung im Bildungsbereich notwendig ist.

Ein zentrales Anliegen in unseren beiden Teilprojekten war es, den kritisch-konstruktiven Blick auf die voranschreitende Digitalisierung in Schule und Unterricht zu schärfen. Sie fordere neue Wege, schaffe ungeahnte Möglichkeiten, sei eine der Herausforderungen des 21. Jahrhunderts. Oftmals werden Aussagen dieser Art wiederholt und bestimmten nicht zuletzt auch den vergangenen Bundestagswahlkampf. Digitalisierung werde dadurch zu einem Mantra und verändere – ironisch formuliert bei Jarett Kobeck – alles.

Auf den ersten Blick überzeugen die Vorteile einer Digitalisierung: in Industrie, in Medizin, in Technik, in Wirtschaft und so auch in der Bildung. Auf den zweiten Blick aber darf man ihr nicht blindlings verfallen. Viele Konsequenzen einer Digitalisierung sind bis heute nicht geklärt und womöglich auch gar nicht absehbar. Hierzu zählen unter anderem ethische Fragen, ökologische Fragen und gesundheitliche Fragen. Insofern muss auch und gerade im Bildungsbereich die Kritik ernst genommen werden, zumal sie inzwischen vielfach durch wissenschaftliche Studien [1] zum digitalen Medienkonsum im Kindes- und Jugendalter sowie zur Wirksamkeit des digitalen Medieneinsatzes in Lehr-Lernprozessen belegt ist.

Teilprojekt 1: Onlinekurs (MOOC) „Lernen 4.0 – Möglichkeiten und Grenzen einer Digitalisierung im Bildungsbereich“

In unserem ersten Kooperationsprojekt „Lernen 4.0 - Möglichkeiten und Grenzen einer Digitalisierung im Bildungsbereich“ regten wir zu einem theoretischen Diskurs über den Einsatz digitaler Medien im Unterricht an. Der MOOC wurde bereits Anfang 2018 gestartet und mittlerweile von über 3.500 Teilnehmenden erfolgreich durchlaufen – und bis heute kann er von Interessierten immer noch besucht werden. Damit ist er nicht nur im Hinblick auf die Reichweite im deutschensprachigen Raum besonders.

Teilprojekt 2: „Lernen 4.0 – Von der Theorie in der Praxis – Best Practice im Kontext der Digitalisierung“

Da insbesondere im MOOC die Kritik von Lehrpersonen geäußert wurde, zu theoriebezogen und allgemeingültig zu sein, wurde ein praxisorientiertes Folgeprojekt ins Leben gerufen. In diesem Anschlussprojekt sammelten wir daher Best-Practice-Unterrichtsbeispiele zum kritisch-konstruktiven, reflektierten und sinnvollen digitalen Medieneinsatz im Unterricht für unterschiedliche Schularten und Fächer. Die Einsendungen von Lehrpersonen aus verschiedenen Bundesländern wurden gesichtet und nach pädagogisch-didaktischen Gesichtspunkten begutachtet. Ausgewählte Unterrichtsbeispiele für die Sekundarstufe wurden zum einen in einer Broschüre (unter dem Punkt Bildungswissenschaftliche Begleitung) veröffentlicht, zum anderen für die Weiterentwicklung der HPI Schul-Cloud herangezogen.

Resümee und Plädoyer

Das Ergebnis der Zusammenarbeit mit dem HPI zeigt zwei sich ergänzende, aufeinander aufbauende Teilprojekte: einerseits ein theoretisch orientierter Onlinekurs, in dem die Grundlagen sowie die Chancen und Grenzen einer Digitalisierung im Schulbereich vorgestellt und diskutiert werden, andererseits eine Sammlung von Best Practice-Bespielen, die einen Blick in die Unterrichtsplanung und die vielfältigen Möglichkeiten zum Einsatz digitaler Medien in Lehr-Lern-Prozessen gibt.

Abschließend ist es uns ein Anliegen auf einen grundlegenden pädagogischen Leitgedanken hinzuweisen: Schulen sind und bleiben Orte von Menschen und für Menschen. Der Mensch muss im Zentrum stehen. Es geht um Bildung und damit um die Frage, was uns Menschen zu Menschen macht und wie wir unsere Möglichkeiten als Mensch für uns und unsere Mitmenschen nutzen können. Das bedeutet auch, die Technik nicht über den Menschen zu stellen, sondern die Technik muss dem Menschen dienen. Pädagogik vor Technik, lautet daher die Quintessenz beider Projekte. Denn jedes Kind hat ein Recht auf eine humane Schule – auch oder gerade im Zeitalter der Digitalisierung.

Autoren: Christina Lachner und Klaus Zierer

[1] Siehe hierzu u.a. Hattie, der bei seinen Digitalisierungsfaktoren Bezug auf eine ganze Reihe von internationalen Meta-Analysen nimmt. Aber auch andere Studien/Meta-Analysen: z. B. Pam A. Mueller & Daniel M. Oppenheimer. "The Pen Is Mightier Than the Keyboard: Advantages of Longhand Over Laptop Note Taking". In: Psychological Science
1–10, 2014. https://cpb-us-w2.wpmucdn.com/sites.udel.edu/dist/6/132/files/2010/11/Psychological-Science-2014-Mueller-0956797614524581-1u0h0yu.pdf oder Pablo Delgado; CristinaVargas; Rakefet Ackerman and Ladislao Salmerón. "Don't throw away your printed books: A meta-analysis on the effects of reading media on reading comprehension". In: Educational Research Review 25, 2018, pp. 23-38. https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S1747938X18300101 oder Gary Small & Gigi Vorgan. „iBrain: Wie die neue Medienwelt das Gehirn und die Seele unserer Kinder verändert.“ 2009, Freiburg im Breisgau: Kreuz Verlag.

Hinweise der Redaktion
Bildnachweis Titel: HPI/K. Herschelmann
Bildnachweis Christina Lachner & Prof. Zierer: Universität Augsburg
*Sprachlicher Hinweis: Es sind stets Personen männlichen und weiblichen Geschlechts gleichermaßen gemeint; aus Gründen der einfacheren Lesbarkeit wird an dieser Stelle nur die männliche Form verwendet.